Anabel Quirarte und Jorge Ornelas / Axel Heil / 2005

Anabel Quirarte und Jorge Ornelas

(2005)

18,5 Millionen. Anabel Quirarte und Jorge Ornelas leben und arbeiten in einer der größten Städte der Welt. Die Agglomeration Mexico City ist uferlos, unüberschaubar, ungerecht. San Salvador Atenco geht irgendwo bei Nanterre geht sie in die Vorstadt von Paris über, welches unmittelbar an Hongkong anschließt. Von dort fährt ein Bus nach Texcoco.

"Und wenn man nun erklärte, es gäbe besseres zu tun als das Harmlose, das Unaussprechliche, das Unschuldige, wenn es an der Zeit wäre, den Kampf der Symbole auszurufen.“ Das Domino, welches Présence Panchounette im schwülen Bordeaux der 70er Jahre begannen anzutreten, ist längst zum Iconoclash der ehemaligen Hochkulturen stilisiert. Das Harmlose ist ins verwegene Symbol gekippt. Die Käfige sinf winzig im Hinterhof der Kampfhähne. Folkloristische Elemente sind Koffer, Reisetaschen, Kaffeemaschinen, Toaster und Schrankwände. Es sind diese Objekte der Begierde, denen sich Quirarte/Ornelas seit einigen Jahren in ihren Bildern annehmen. Die ästhetische Spannung ergibt sich beim Betrachten aus der gleichartigen Darstellung des menschlichen Körpers der Benutzer und den unbelebten Oberflächen. Die rätselhaften Objekte des „daily pleasure of survival“ zwischen den Metropolen erhalten bei längerer Verweildauer der Betrachter einen enigmatischen Charakter, der nichts, aber auch rein gar nichts, über ihre eigentliche Bedeutung preisgibt. Die Posen der Akteure wirken seltsam ferngesteuert. Es geht heute ohnehin nur noch um Benutzeroberflächen. Die klassische Ladefläche des offenen Transporters auf dem Weg zum Flughafen.

Apathie sprengt die Genregrenze zum Stillleben, zu Traditionspartikeln. Tradition, selbst unverpflichtend und entnormierend aufgefasst, zielt auf eine gewissenhafte Setzung von „Kunst“ im Kunstwerk. Vorbei. Gestern, schon vorbei. Statische Requisiten als dynamische Verpflichtung. Durchlöcherung von Urteilen und Ansichten, die die stummen Zivilisationsbegleiter im aufnehmenden Bewusstsein des Betrachters auslösen. Die Behauptung, die Quirarte und Ornelas in ihren großformatigen Acrylplateaux aufstellen kann nicht übertrieben klar sein. Ein realistischer Touch Stilllebenmalerei als Traditionsbegründung eines klaren Tages mit freiem Horizont. Daher das coole, unrebellenhaft Seriöse, das glatt Affektierte, das sachlich Reflektierende – Malerei als moralisch intellektueller Stützpunkt. Kunst um der Kunst willen existiert nicht in der Wirklichkeit. Vorwärts durch den Nebel.

Axel Heil